Wir freuen uns sehr, dass sich der frühere Schalker Kultstürmer Klaus Fischer dazu bereit erklärt hat, dem ETB ein Interview zu geben. Der 45-malige Nationalspieler (32 Länderspieltore) kommt auf 535 Bundesligaspiele (für TSV 1860 München, FC Schalke 04, 1. FC Köln und VfL Bochum), in denen er 268 Tore erzielt hat. In der ewigen Torschützenliste der Bundesliga liegt er damit auf dem zweiten Platz hinter Gerd Müller. Aufgrund von Corona konnte leider kein persönliches Treffen stattfinden, aber auch so nahm sich der mittlerweile 70-Jährige viel Zeit für unsere Fragen. Das Interview führte Rolf Landes.

ETB: „Hallo Herr Fischer, danke, dass Sie sich für dieses Gespräch zur Verfügung stellen. Welche Begrüßung ist Ihnen lieber: „Guten Tag“ oder „Grüß Gott“?

K.F.: „(lacht) Da bin ich zweigeteilt, in Bayern sage ich Grüß Gott, hier Guten Tag.“

ETB: „Sie wohnen mit Ihrer Familie in Gelsenkirchen, hat es Sie nie in Ihre bayerische Heimat zurück gezogen?“

K.F.: „Nein, denn ich habe damals in Schalke meine spätere Frau kennengelernt, unsere Kinder sind hier geboren, Schalke ist mein Verein geworden. Ich habe zwar in meiner Heimat bei Zwiesel ein Haus gebaut, aber dort wohnt jetzt meine Schwägerin.“

ETB: „Was gefällt Ihnen am Ruhrgebiet und speziell an Gelsenkirchen?“

K.F.: „Mir gefallen die Menschen hier, man ist schnell einer von ihnen. Da sind die Bayern doch reservierter, hier ist man nicht der Herr Fischer sondern gleich der Klaus.“

ETB: „Kürzlich erfolgte Ihre Aufnahme in die Hall of Fame des Deutschen Fußballmuseums, wozu wir Ihnen herzlich gratulieren. Was bedeutet Ihnen diese Ehrung?“

K.F.: „Sie bedeutet mir schon sehr viel. Man muss sich immer vor Augen halten, wo man herkommt und man sollte bodenständig bleiben. Ich bin bis heute der einzige Nationalspieler, der aus dem bayerischen Wald kommt, in Zwiesel sind alle stolz auf mich.“

ETB: „ETB Schwarz-Weiß Essen, was fällt Ihnen spontan zu unserem Verein ein?“

K.F.: „Mir fallen viele Namen von Spielern ein, Oliver Bierhoff, Jens Lehmann, Uwe Reinders, „Ata“ Lamek, um nur einige zu nennen. Es schaffen nur wenige wie Oliver, sich in Mailand durchzusetzen und Torschützenkönig der italienischen Liga zu werden. Jens habe ich während meiner Zeit als Co-Trainer von Schalke unter meinen Fittichen gehabt, damals gab es noch keine Torwarttrainer. Jens war im positiven Sinne ein Verrückter, er wollte immer noch ein Extratraining. Rot-Weiss und Schwarz-Weiß waren seinerzeit auf Augenhöhe und hatten einen guten Namen.“

ETB: „Kennen Sie unser altehrwürdiges Stadion Uhlenkrug oder haben Sie möglicherweise schon auf unserem Rasen gespielt?“

K.F.: „Gespielt leider nicht, aber ich war als Trainer der Schalker U 23 im Stadion, frag mich bitte nicht, wie das Spiel ausgegangen ist.“

ETB: „Herr Fischer, in Ihrer langen und erfolgreichen Profilaufbahn hatten Sie für 1860 München, Schalke 04, den 1.FC Köln und VfL Bochum 535 Einsätze und haben dabei 268 Tore erzielt. Damit stehen Sie in der ewigen Torschützenliste an 2. Stelle hinter Gerd Müller. Mit welchen Mitspielern harmonierten Sie besonders gut?“

K.F.: „Damals gab es Mittelstürmer wie Uwe Seeler, Horst Hrubesch und auch mich. Wir profitierten von guten Flügelspielern, die uns mit Flanken fütterten. Hier möchte stellvertretend für viele „Stan“ Libuda, Erwin Kremers und Rüdiger Abramczik nennen. Später spielte man ein geändertes System mit nur noch zwei Spitzen und da klappte es mit Klaus Allofs und Kalle Rummenigge sehr gut. Eigentlich hatte ich in allen Vereinen immer sehr gute Mitspieler.“

ETB: „Ihre Trainerlaufbahn hat nie richtig Fahrt aufgenommen. Worin sehen Sie die Ursache?“

K.F.: „Ich habe nach meinem Karriereende meine Ausbildung zum Fußballlehrer absolviert. Ich war als Trainer der Amateure der einzige Bundesligaverein in der höchsten Klasse. Zweimal habe ich die Schalker vorm Abstieg gerettet, als ich kurz vor Saisonende sowohl den geschassten Peter Neururer, als auch Aleksander Ristic abgelöst habe. Danach habe ich beim damaligen Präsidenten Eichberg einen neuen Vertrag für die Bundesliga unterschrieben, eine Woche später teilte er mir mit, dass man Udo Lattek verpflichtet habe. Darauf habe ich mich zurückgezogen und eine Fußballschule gegründet.“

ETB: „In der Nationalmannschaft haben Sie in 45 Spielen 32 Tore erzielt. Gibt es Begegnungen und Ereignisse, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?“

K.F.: „Da ist erstmal das erste Spiel in Köln gegen Nordirland, wo ich bei unserem 5:1 Erfolg zwei Tore beigesteuert habe. Es gibt viele schöne Erinnerungen, an dieser Stelle nur noch zwei: Ein Spiel im Maracana-Stadion vor 160.000 Zuschauern und die WM 1982.“

ETB: „Ich kann Ihnen das Thema Schalke 04 leider nicht ersparen. Was müsste geschehen, um die Zukunft erfolgreicher zu gestalten?“

K.F.: „Es sind viele Fehler gemacht worden. Heidel und auch andere haben Spieler geholt, die nicht gepasst haben. Gute Spieler wurden verkauft oder sogar ablösefrei abgegeben. Meiner Meinung nach sind zu viele Ausländer im Aufgebot, wir brauchen Spieler mit deutscher Mentalität, die 90 Minuten Gas geben. Das erwartet das Schalker Publikum und dann verzeiht es auch eine Niederlage. Schalke ist ein besonderer Verein und sollte vielleicht öfter zu den Bayern schauen, die haben viele ehemalige Spieler auch nach ihrer Karriere an den Verein gebunden.“

ETB: „Welche Funktion bekleiden Sie im Moment bei S04?“

K.F.: „Ich bin einer der Botschafter, wir besuchen z.B. bundesweit unsere Fanclubs und halten zu ihnen Kontakt. In der jetzigen Corona-Zeit fällt das leider flach.“

ETB: „Glauben Sie, dass die Corona-Pandemie Auswirkungen auf zukünftige Gehälter und Ablösesummen haben wird?“

K.F.: „Ich glaube daran und hoffe es. Bei Zahlen in diesen Dimensionen können viele Vereine nicht überleben. Das Problem begann aber bereits mit dem Bosmann-Urteil. Früher gab es bei einem Vereinswechsel grundsätzlich eine Ablösesumme. Heute bestimmen die Spieler teilweise ihr Gehalt oder kassieren richtig ab, wenn sie ablösefrei wechseln können, aber am schlimmsten sind die Spielerberater. Schauen Sie sich nur das Theater um David Alaba an, wo der FC Bayern völlig richtig gehandelt hat.“

ETB: „Herr Fischer, herzlichen Dank für dieses interessante Gespräch und wir holen das kurz vor dem Lockdown geplante Treffen sicher nach, sobald sich die Gelegenheit ergibt. Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie gesund!“

(Fotos: Schalke 04)

(AS)